“Wissen ist Macht” - die auf den englischen Philosophen Francis Bacon zurückzuführende Redewendung ist weltbekannt. Warum in einer Welt voller Wandel und Veränderung es vielmehr “Wissen teilen ist Macht” heißen sollte und wie man mit Social Learning den ersten Schritt in Richtung Zukunft geht, illustriert der folgende Artikel.
Unsere Welt ist geprägt von Wandel, Veränderung und Transformation. Haupttreiber dieser Veränderungen sind neben der demografischen Entwicklung und dem Wertewandel die Digitalisierung. Neue Technologien verändern unsere Leben, und das exponentiell. Überall finden wir neue Innovationen, neue Trends und neue Informationen. Das was heute gilt, kann morgen schon obsolet sein. Als Mitarbeiter:innen dem Wandel zu folgen und als Unternehmen weiterhin am transformativen Markt mithalten zu können, sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Es ist nicht verwunderlich, dass kontinuierliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen dadurch immer mehr in den Fokus geraten. Denn die Halbwertszeit unseres Wissens sinkt stetig. Durch das exponentielle Wachstum an Neuerungen ist unser berufliches Fachwissen bspw. nach ca. 5-10 Jahren nur noch zur Hälfte gültig. So stehen Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen vor zwei großen Aufgaben, die über den langfristigen Erfolg bestimmen: die persönliche Weiterentwicklung ermöglichen und unterstützen und die Beschleunigung der internen Arbeits- und Innovationsprozesse. Mit Hilfe von Social Learning und damit dem Aufbrechen von Wissen Silos kann diesen zwei Aufgaben gleichzeitig begegnet werden. Denn Unternehmen, die nach dem Motto “Wissen teilen ist Macht” agieren, haben einen erheblichen Vorsprung gegenüber den Unternehmen, die noch an dem alten Motto “Wissen ist Macht” festhalten. Kollaboration und Zusammenarbeit zwischen Teams sind für das Unternehmenswachstum von großer Bedeutung (vgl. Microsoft 2019).
“Wissen ist Macht” spiegelt das traditionelle Hierarchiedenken wider. Jahrzehnte lang waren es die Führungskräfte, die über Macht, Status und Kontrolle unter anderem durch ihr exklusives Wissen verfügten. Erfahrungswissen wurde selten geteilt, denn die Angst, dass jemand den eigenen Platz einnehmen könnte, war groß. Und auch unter Mitarbeiter:innen mit großem Konkurrenzdenken wird Wissen heilig unter Verschluss gehalten. Die Zukunft fordert aber einen Paradigmenwechsel hinzu Kollaboration und einer Netzwerkkultur. Schon im Jahr 2011 schrieb das Zukunftsinstitut: “Wer allein bestimmen möchte, anstatt kooperative Lösungen zu suchen, wird in Zukunft immer weniger Chancen haben zu bestehen. Das betrifft den Einzelnen ebenso wie Unternehmen und Organisationen” (vgl. Zukunftsinstitut). Um das Ausmaß von Wissensteilung und die Rolle von Social Learning für den nachhaltigen Erfolg zu verstehen, möchte ich mich gerne am Elefanten Gleichnis bedienen.
Das Elefanten Gleichnis
Eine Reise in den Hinduismus, Buddhismus und Jainismus erzählt uns eine Geschichte von einer Gruppe blinder Männer und einem Elefanten. Die blinden Männer untersuchten einen Elefanten, um herauszufinden, worum es sich bei diesem Tier handeln könnte. Dabei verteilten sich die Männer um den Elefanten herum und tasteten je ein Körperteil ab. So betastete einer den Rüssel, einer den Stoßzahn, einer den Bauch, einer den Schweif und einer das Bein. Und so berichteten sie reihum, wie sich der Elefant anfühlt und was es sein musste: Derjenige, der den Rüssel betastete, verglich den Elefanten mit einer Schlange. Derjenige, der den Stoßzahn untersuchte, behauptete hingegen, dass ein Elefant wie ein Speer sei. Der Bauch fühlte sich an wie eine Wand und das Bein wie ein Baumstamm. Die Vergleiche beruhten auf den subjektiven und persönlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen der blinden Männer. Die Frage war nun, welcher dieser Männer hatte Recht?
Die blinden Männer konnten sich bei der Frage, wer nun Recht hätte, zuerst nicht einigen. Von außen betrachtetet, kann man festhalten: Jeder der Männer hat zugleich recht als auch unrecht. Jede einzelne Realität spiegelt eine Wahrheit wider, denn keiner der blinden Männer sagte eine Unwahrheit. Und trotzdem war der Elefant kein Baum oder ein Speer. Die philosophische Schlussfolgerung dieser Parabel zeigt uns Folgendes: jede Meinung, jede Wahrnehmung, jede Realität ist erst einmal eine richtige und berechtigte. Das aktive Zuhören anderer Erfahrungen und Realitäten ermöglicht den blinden Männern, den eigenen Horizont zu erweitern und Wissenslücken zu schließen. Nur durch den Austausch kommen sie gemeinsam der Erkenntnis des Elefanten an sich näher.
Der Elefant "Unternehmen"
Ziehen wir an dieser Stelle einmal den Vergleich in die Unternehmenswelt. In einem Unternehmen sind verschiedene Mitarbeiter:innen tätig. Jede:r in unterschiedlichen Abteilungen, Bereichen, Rollen und Funktionen. Hinzukommt die subjektive und persönliche (Berufs-)erfahrung, die die Wahrnehmung des eigenen Arbeitsalltags prägt. So nimmt jede:r Mitarbeiter:in das Unternehmen unterschiedlich wahr, denn in jeder Abteilung herrschen verschiedene Gegebenheiten und Herausforderungen. Jede Erkenntnis in den Abteilungen und Funktionen ist in erster Linie für die jeweiligen Personen wahr. Und gleichzeitig ist diese Realität noch kein Abbild der gesamten Organisation. Das Unternehmen ist also der Elefant, der für manche Mitarbeiter:innen mehr einer Schlange als einem Baumstamm gleicht.
Für die Zukunft, die digitale Transformation, gilt, dass sie nur erfolgreich gestaltet werden kann, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Und dies gelingt nur, wenn alle Mitarbeiter:innen und auch Führungskräfte bereit sind Wissen zu teilen und somit das Big Picture kennen. Denn Innovationsprozesse werden vor allem dann beschleunigt, wenn verschiedene Menschen mit verschiedenen Wissensständen und Expertisen zusammenarbeiten. Cross-funktionale Zusammenarbeit und ihre Interdisziplinarität erhöhen die Diversität und damit auch die Chance kreativer, innovativer Lösungsansätze.
Social Learning als erster Schritt in Richtung Zukunft
Wissen zu teilen ist gerade für Unternehmen, die noch in ihrem Silo-Denken gefangen sind, nicht einfach. Denn nach dem Motto “Wissen teilen ist Macht” zu leben, ist in erster Linie eine Mindset-Frage. Wie offen ist ein Unternehmen in Sachen Wissen teilen und kollaborativem Arbeiten? Treiben die Mitarbeiter:innen den Wandel und das Wissensmanagement zugunsten des Unternehmens proaktiv an? Wie kritikfähig sind die Mitarbeiter:innen, um ihren Standpunkt zu überdenken und neue Perspektiven zuzulassen? All diese Frage resümieren im digitalen Mindset und seinen sechs erfolgskritischen Persönlichkeitsdimensionen, die ausschlaggebend für eine erfolgreiche Transformation sind (s. Was ist ein digitales Mindset?). Offizielle Social Learning Formate führen die Mitarbeiter:innen in diesem Fall langsam und unterstützend an den Erfahrungs- und Wissensaustausch heran. Um Mitarbeiter:innen für Social Learning zu ermutigen, hilft es, sogenannte Social Learning Guides einzuführen. Diese orientieren sich an der Methode Working bzw. Learning out Loud. Mitarbeiter:innen finden sich bspw. einmal wöchentlich oder monatlich für eine Stunde in cross-funktionalen Kleingruppen zusammen und tauschen sich zu einem spezifischen Thema, das der Guide vorgibt, aus. Der Guide wird mit verschiedenen Fragen und einer zeitlichen Struktur versehen, um die Lernenden in ihrem selbstorganisierten Lernprozess zu unterstützen. Der große Vorteil des Social Learnings ist, dass alle Kolleg:innen voneinander lernen können. Die kontinuierliche Reflexion der eigenen Realität und das Bewusstwerden eigener Standpunkte ermöglicht die persönliche Weiterentwicklung.
Durch Social Learning wird nicht nur die persönliche Weiterentwicklung ermöglicht, sondern auch die des Unternehmens. Interne Wissenslücken können schneller geschlossen werden und es entsteht ein gemeinsames Verständnis über die unterschiedlichen “Realitäten und Wahrheiten” (denken wir an die blinden Männer und den Elefanten). Durch das Aufzeigen der verschiedenen Realitäten entwickelt sich das Big Picture (der Elefant), welches für eine erfolgreiche Transformation und Weiterentwicklung des Unternehmens voraussetzend ist. Während sich inhaltlich langsam das Big Picture für alle Beteiligten zusammensetzt, werden innerhalb des Social Learning Prozesses die für die Zukunft benötigten Kollaborationsfähigkeiten bereits in die Tat umgesetzt. Gemeinsam begeben sich die Mitarbeiter:innen selbst in den Veränderungsprozess und arbeiten dabei aktiv an ihrem digitalen Mindset. Innovationsprozesse lassen sich dadurch beschleunigen und setzen den Grundpfeiler für die Zukunft.
Für eine erfolgreiche Zukunft gilt also: nicht blind zu bleiben, sondern durch Austausch in Form von Social Learning kollaborativ der umfassenden Wahrheit ein Stückchen näher zu kommen. Denn nur durch das Aufdecken der Gesamtheit und dem gemeinsamen Verständnis, können alle an einem Strang ziehen und sich in Richtung Zukunft entwickeln.
Sie interessiert wie Social Learning für die aktuellen Herausforderungen genutzt werden kann?
Dann kontaktieren Sie uns unter hallo@onestoptransformation.com!
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