In den letzten Wochen haben wir nach und nach im Interviewstil wichtige Aspekte der Digitalen Transformation beleuchtet. Nun neigt sich unsere Serie mit unserem Interviewpartner Roland Knorr dem Ende zu.
Im heutigen letzten Teil betrachten wir die Themen Unternehmenskultur und Vertrauen.
Alle Teile der Interviewreihe ergeben zusammen einen Überblick über wichtige Aspekte der Digitalen Transformation und dienen somit als Impuls- und Ratgeber.
Inwiefern ist es notwendig, dass Supply Chain Partner eine ähnliche Unternehmenskultur haben? Welche Probleme können entstehen, wenn die Kulturen (zu) unterschiedlich sind?
Es würde sicherlich erstmal Vieles erleichtern. Das würde aber auch erstmal voraussetzen, dass das Unternehmen diese Kultur auch haben möchte. Wenn ich also der OEM bin und ich möchte, dass mein Tier-2 Zulieferer eine ähnliche Kultur hat wie ich, dann muss erstmal meine Kultur stabil sein. Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken, das funktioniert so nicht. Ob es nun aber wirklich notwendig ist? Ich glaube, man muss sich einfach auf ein Set von Standards einigen. Sprich: wie geht man miteinander um, bekomme ich einen Zwischenbescheid oder nicht usw. Die Automobilhersteller machen das sehr viel über Normierung. (EDI / ISO usw.). Da normieren sie aber nur wie bestimmte Geschäftsprozesse funktionieren.
Ob man die Unternehmenskultur auch anpassen muss? Ich glaube, dass es nicht förderlich ist, wenn die Kulturen zu unterschiedlich sind. Denn trotz aller Systeme und IoT usw.: es sind immer noch Menschen die miteinander interagieren. Und sie machen am liebsten Geschäfte mit demjenigen, mit dem sie sich auch gut verstehen. Aber eine einheitliche Unternehmenskultur für alle Supply Chain Partner hinzubekommen, wird schwierig. Vor allem wenn das ganze Netzwerk international ist und beispielsweise auch asiatische Unternehmen involviert sind. Da sind die kulturellen Unterschiede einfach zu groß. Aber man kann wie gesagt zumindest Mindeststandards definieren in denen man festlegt, wie man miteinander umgehen möchte. Interessant wäre an dieser Stelle auch, in wie weit eine solche Kulturfrage Teil einer Lieferantenbewertung sein könnte.
Für erfolgreiches Supply Chain Management ist eine hohe Transparenz und der damit einhergehende Austausch von sensiblen Daten ein entscheidender Faktor. Hilft hier eine Vertrauenskultur zwischen den Unternehmen? Wie kann diese aufgebaut werden?
Das ist wieder der Unterschied zwischen Technologie, Kultur und Organisation. Ich glaube wichtig wäre, wenn sich Unternehmen mal in solchen Dingen zusammensetzen würden und sagen würden: „Wie wollen wir miteinander umgehen?“ An dieser Stelle ein Beispiel: Ich habe 1995 einen Geschäftspartner in USA gehabt, der hatte eine ganz spannende Art an Dinge ranzugehen. Und dann haben wir gesagt, wir könnten was miteinander machen. Er kam dann geschäftlich nach Deutschland, wir haben uns zum Meeting getroffen - und dann geht er ans Flip Chart und schreibt als erstes hin „What are our common values?“ Wir haben nicht über Prozente oder Prozesse, Formulare, Timelines und dergleichen geredet.
Also eine Vertrauenskultur ist hier ganz wichtig. Und ich denke man bekommt das nur hin - und da müssen dann auch die hohen Tiere zusammensitzen, also nicht Einkaufs- und Verkaufsleiter - wenn man sich auch mal in die Augen schaut. Das muss natürlich nicht für alle C-Teile passieren, aber bei Lieferanten von wichtigen A- oder B-Teilen, da kann das schon helfen.
Sowas geht nur über Vertrauen. Und da sind wir wieder beim Thema driftandtrust - überholen ohne Vertrauen wird nicht funktionieren. Anders sein ohne Vertrauen wird nicht funktionieren.
Also für mich wird das für die Zukunft eines unserer Schlüsselthemen: Wie stark vertraue ich meinem Gegenüber? Ob das als Mensch oder als Organisation ist, und den Leuten die an der Spitze stehen.